Fachverband Medienproduktion e.V.drupa
Tage der Medienproduktionenglish

Betroffen oder beteiligt? Think positive!

Es gibt Unternehmer:innen, die sich als Betroffene und solche, die sich als Beteiligte an der nachhaltigen Transformation interpretieren. Viele Medien berichten viel zu oft ohne Nuancen und manipulativ: hier die Maßnahmen, dort die Lasten. Sind wir das Problem oder Teil der Lösung? Viele wollen konstruktiv handeln, denken wertebasiert, vor allem perspektivisch: das passt zum Spirit der Kongressmesse Print & Digital Convention. Dort treffen sich Unternehmer:innen, die Zukunft gestalten und deshalb auch morgen noch im Spiel sind. Ich habe einige um ihre Einschätzung gebeten.
Umweltzerstörungen überall auf der Welt, nicht „nur“ Rodungen oder Mikroplastik in allen Weltmeeren. Zunehmend spürbarere Folgen des Klimawandels, der durch die Menschheit stark geboostert wird. Eskalierende Kriege, nicht nur in der Ukraine. Über allem schwebt ein globaler Wirtschaftskrieg, ein Kampf der Weltsysteme um Rohstoffe, aber besonders bei Themen wie Energie und Digitalisierung bzw. KI. Zeitgleich sind die Folgen der Corona-Pandemie noch nicht überwunden.
Und jetzt kommt auch noch die politische Agenda der nachhaltigen Transformation,
mit diversen Gesetzen in vielen Industrieländern der Welt, so auch in der gesamten EU, nicht nur in Deutschland.
Sind die Restriktionen der EU bzw. der deutschen Politik eine Folge von all diesen Krisen? Oder kann so noch Schlimmeres verhindert werden? Wie stellen sich Unternehmen künftig strategisch auf dieses größte Menschheitsprojekt der Geschichte ein? Auf welches Pferd sollte man setzen? Sind die vielen dahingehenden Vorgaben vielleicht nur zeitgeistliche Parteipolitik? Oder sind die Transformation der Weltenergiesysteme mitsamt der Dekarbonisierung der Wirtschaft international bzw. supranational längst beschlossene Sache? Wie können Unternehmer:innen ihre Strategien danach ausrichten?
Die einen setzen die Lasten, die mit der nachhaltigen Transformation verbunden sind, mit dem Untergang des Abendlandes gleich. Für andere ist der politische Aktivismus ohne jede Alternative. Die einen weinen dem Diesel hinterher, andere kleben sich auf Deutschlands Straßen fest. Die einen glorifizieren Atom- und, mit Blick auf China, auch den Kohlestrom, für andere sind diese fossilen Energieträger längst dreckige Geschichte. Die einen begrüßen eine spürbar belebte politische Agitation, andere würden lieber im bequemeren Stillstand verharren.

Zwischen den Polen

Freie Journalist:innen geraten da schnell zwischen die Stühle. Wer nicht tendenziell berichtet, sondern umfassend recherchiert, öffnet ungewollt die Schere zwischen dem, was momentan die Mehrheit hören möchte, also auch Auflage bzw. Reichweite bringt, und dem, was tatsächlich strategisch richtig ist. Die Wahrheit liegt zumeist zwischen den krassen Meinungen, deren Träger sich samt ihrer Gefolgschaft in Silos zurückziehen und andere Meinungen kaum noch reflektieren. Polarisierung ist ein einträgliches Geschäft, aber destruktiv.
Unternehmer:innen müssen das ganze Bild kennen, um die richtigen, strategischen Entscheidungen zu treffen, ungeachtet ihrer persönlichen Stimmung.

Teilnehmer:innen der Print & Digital Convention definieren sich nicht als Betroffene, sondern als Beteiligte, u. a. an der nachhaltigen Transformation.



Koalition der Destruktivität
Im aktuellen Kampf um die Energie-Billionen der kommenden Jahre stehen die Öl-, Gas-, Kohle- und Atomlobbys als zahlungskräftige Anzeigenkunden mit den Vertriebsabteilungen der Verlage in Verbindung ‒ viele Konzerne machen ihren Einfluss als zahlende Werbekunden über viele Tochterunternehmen auch auf redaktionelle Inhalte geltend. Konzerne, die durch eine nachhaltigere Politik künftig Billionen-Umsätze verlieren werden. Entsprechend forcierter Content fällt nicht selten auf fruchtbaren Boden:

Der Begriff Clickbaiting steht für reißerische Headlines, die gute Einnahmen garantieren. Viele Verlage fokussieren sich ohnehin auf eine verärgerte, frustrierte Leserschaft, weil diese häufig nach Bestätigung der eigenen Meinung sucht. Für diese als Doomscrolling bezeichnete „Leidenschaft“ sind viele Leser:innen sogar bereit, für entsprechenden Content zu zahlen (Paid Content).

„Unser Hirn ist darauf optimiert, Negatives besser, schneller und intensiver zu verarbeiten“, erklärt Maren Urner, Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln.

Oft ein doppelt gutes Geschäft für Verlage, denn die Weiter-So-Poesie gewisser Lobbys deckt sich oft mit dem, wonach frustrierte Leser:innen suchen.

Ein gutes Geschäft auch für andere Profiteure der Angst, oft selbsternannte Expert:innen, die landauf, landab in vollen Sälen sprechen und in dasselbe dystopische Horn blasen. In den sozialen Medien erwirtschaften Destruktivität und Dystopie Millionen Zugriffe.

Auch populistische Parteien überall in der EU tragen erheblich zum Stimmungsbild bei ‒ wir erleben gerade einen dramatischen Rechtsruck. Wann immer Regierungen wie in Frankreich oder Deutschland unbeliebte politische Entscheidungen treffen, zahlt das unmittelbar auf die Konten solcher Parteien ein.

Diese „Koalition” holt viele verunsicherte, verängstigte oder gefrustete Menschen mit einfachen Formeln ab, selbst Unternehmer:innen.

Daneben etablierte sich in den letzten Jahren auch noch das Content-Marketing, mit teils guten, aber zumeist tendenziellen Fachbeiträgen, denn hier steht das „Marketing” und nicht der „Content” im Fokus.

Positive und konstruktive Stimmung auf der Kongressmesse Print & Digital Convention. Das Bild zeigt den Messestand von Koehler Paper. Protagonistinnen sondieren Exponate der Kampagne: Nachhaltigkeit ist kein Luxus.



Zum Beispiel der Atomausstieg

Nur eines von vielen klassischen Beispielen bot der Medienspiegel nach der Abschaltung der letzten drei Atommeiler in Deutschland am 15. April. Die Berichterstattung war teils hysterisch und fühlte sich teilweise wie ein Abgesang in Deutschlands Zukunft an.

Besonders klang zwischen den Zeilen oft eine grundsätzliche Infragestellung der nachhaltigen Transformation mit. In letzter Konsequenz stehen auch diverse Klima- und Umweltschutzmaßnahmen von Unternehmen vor diesem imaginären Tribunal. Das erschwert die strategische Orientierung, auch in der grafischen Industrie.

Natürlich braucht es die Kontroverse. Nichts gegen Kritik, wenn sie sachlich, zielführend und konstruktiv ist! Zum Beispiel wurde über die Kehrseite der Abschaltung in den leitenden Medien kaum berichtet, etwa, dass
Atomstrom vergleichsweise teuer ist, wenn alle Kosten addiert würden.

Die bisher massiven Subventionen, die die Steuerzahler tragen, stehen zwar nicht direkt auf der Stromrechnung, belasten aber anderswo unmittelbar steuerlich. Allein die Endlagerung wird bis 2100 mindestens 170 Milliarden zusätzlich kosten, lt. Bundesgesellschaft für Endlagerung. Wieder müssen die Steuerzahler ran. Im Endlager Asse 2 bei Wolfenbüttel gammeln 126.000 Fässer vor sich hin und müssen, wie auch immer, umgelagert werden. Dazu addieren sich (Fukushima oder Tschernobyl) rund eine Billion Euro (!) also 1.000 Milliarden Euro für das Aufräumen von Super-GAUSs, mit Folgen, die wenigstens Jahrzehnte andauern. Geld, das abermals die Steuerzahler:innen der Welt tragen ‒ auch deutsche. Der Bau neuer Kraftwerke verzögert sich, z. B. in Finnland. Auch das treibt die Kosten enorm. Somit ist Atomstrom faktisch signifikant teurer als Erneuerbare.
Atomstrom ist nicht zukunftsfähig:

Auch die Abhängigkeit von teils autokratischen Drittstaaten beim Uran ist, ähnlich wie beim Öl oder Gas, inakzeptabel für die drittstärkste Weltwirtschaftsregion EU. Uran ist endlich. Die Preise steigen laufend.

Nicht zu vergessen ist außerdem, dass es allein in den drei jetzt abgeschalteten Reaktoren 407 meldepflichtige Störfälle gab. Dazu addieren sich unkalkulierbare Risiken (Krieg, Erdbeben, Terroranschläge etc.), ganz zu schweigen von den Toten und krebskranken Menschen im Umfeld der Super-GAUSs. Der Anlagenpark in der EU ist stark veraltet. Viele Nationen wie Frankreich sehen im Atomstrom allenfalls noch eine Brückentechnologie. Die Bundesregierung hat sich gegen diese Option entschieden, was kein Drama ist, denn diese letzten Mailer haben nur rund ein Prozent des Gesamtenergieaufkommens in Deutschland produziert.

Belastete Unternehmer:innen, aber auch Autofahrer:innen, Immobilienbesitzer:innen etc. sind als Betroffene auch deshalb für Kritik so empfänglich, weil aktuell Eigenleistungen gefragt sind. Freiwilligkeit beim Klima- und Umweltschutz bedingt Überzeugungen. Ein Blick in die Druckbranche unterstreicht, wie wenig Unternehmen tatsächlich überzeugt sind.

Bis heute dienstleisten nur knapp zwei Prozent aller Druckereien professionell nachhaltig, also auch mit freiwilligen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen

wie zum Beispiel die Druckereien der UmDEX-Klasse.

Also bahnen sich unbeliebte Entscheidungen in der EU und in Deutschland ihren Weg nach dem Law & Order-Prinzip. So komplettiert sich die Frage: „Kann ich mir eine nachhaltige Orientierung leisten … ?“ in
„ … oder kann ich es mir noch leisten, nicht nachhaltig zu dienstleisten?“

Digitale und nachhaltige Zukunft mitgestalten!


Messestand der Brancheninitiative UmDEX. 2022 waren und 2023 sind die nachhaltigsten Druckereien der DACH-Region am Messeauftritt beteiligt. Bildquelle: UmDEX



Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass die EU als Hochtechnologiezone Hunderttausende Arbeitsplätze in der Green Economy schaffen wird und darum der schnelle Ausbau Erneuerbarer zukunftsfähig ist, denn
generell baden wir in Energie. Wir müssen sie nur effizient ernten und speichern. Das ist eine Frage der Technologien, die sich jedoch rasend schnell weiterentwickeln.

Schon Deutschlands Dächer würden in Summe genügen, um alle Sektoren (Verkehr, Industrie, Haushalte sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistung) mit Energie zu versorgen. Deutschland kann das bewältigen, wenn wir uns stärker auf unsere Tugenden besinnen.

Eine Analyse des WWF geht davon aus, dass für die Energiewende maximal 2,5 Prozent der Landesfläche benötigt werden. Bei höherem Photovoltaik-Anteil im Strommix sind es nur zwei Prozent. Die Energieversorgung regionalisiert sich zunehmend, also weg von wenigen großen Konzernen. Mehr Wettbewerb! Die Wertschöpfung bliebe in den Regionen, anstelle in den Kassen internationaler Spekulanten.

Die Regionalisierung eines Teils der Wirtschaft (Landwirtschaft, Energie etc.) garantiert zudem Hunderttausende sichere Jobs, kurze Wege und hochwertige Produkte.

Ebendiese Argumente begründen die Panik einiger Konzerne und deren gewaltigen Werbebudgets, um tendenzielle Berichterstattungen zu forcieren.

Perspektiven erkennen
Auf einer Zeitskala von 10 bis 15 Jahren könnte Deutschland nach Überzeugung des WWF zu den Ländern mit der autarksten und sichersten Energieversorgung weltweit zählen. Mit vergleichsweise günstigen Preisen ‒ einer von vielen weiteren Standortvorteilen.

Einst haben wir die Teilhabe an der weltweit wichtigsten und größten Industrie der Digitalisierung an die USA und China verloren. Dort erwirtschaften Unternehmen Hunderte von Milliarden Euro jährlich und sichern Millionen Arbeitsplätze. Und heute? Viele verstehen die Abschaltung der Atommeiler nicht. Andere weinen dem Verbrennungsmotor hinterher, obwohl selbst Topmanager wie Mercedes-Chef Ola Källenius höchstpersönlich den Elektroantrieb im Vergleich zum Verbrennungsmotor als deutlich überlegen bewerten. Trotz ihrer zerstörerischen Kräfte wird diese Stimmung im Lande offiziell kaum thematisiert.

Die nachhaltige Transformation ist das nächste große Ding und: entschieden!
Das größte Menschheitsprojekt aller Zeiten und das nächste große Ding ist die Green-Economy: grüne Technologien zur Ernte und Speicherung von Erneuerbaren Energien aus Wind-, Wasser-, Biomasse sowie entsprechende Antriebe und Anlagen. Wie bei der Digitalisierung stehen wieder Millionen Arbeitsplätze in der EU und erhebliche Standortvorteile auf dem Spiel, abgesehen von einer EU-weiten, unabhängigen Energieversorgung.

Wer will, findet Wege, wer nicht will, Gründe.

Selbst, wer kritisch bleibt, muss akzeptieren, dass die nachhaltige Transformation international fixiert ist. Viele Restriktionen und Gesetze sind supranationaler und internationaler Konsens, EU-weit projektiert und nicht umkehrbar, weitgehend auch ungeachtet der jeweiligen politischen Kräfte in Deutschland.

Das ganze Bild auf der Print & Digital Convention

Als Journalist sondiere ich belastbare Meinungen, auch die, die mir nicht gefallen. Auch Unternehmer:innen müssen die belastbaren Pros und Contras kennen, um strategische Entscheidungen zu treffen und konkrete Handlungen abzuleiten.

Ich fühle mich zu Manager:innen hingezogen, die sich als Teil der Lösung sehen und nicht selbst als Opfer interpretieren. Solche, die zwar kritisch bewerten, aber schließlich handeln und reale Lösungen und Konzepte entwickeln.

Die Print & Digital Convention ist ein Magnet für diesen Unternehmer-Typus.

Der Spirit funktioniert bei diesem Eventformat so gut, weil sich der Kongress, die Messe und das verbindende Forum, die große Lounge, zu einem in dieser Form einmaligen kommunikativen Format verbinden. Die Stimmung hier ist geprägt von Perspektiven, Konzepten, Visionen und Zuversicht. Das krasse Gegenteil von der Dystopie, die Nörgler, Rechtspopulisten und Lobbyisten beschwören, in diesem Big-Business der Destruktivität.

Die Print & Digital Convention steht wie keine andere Messe für konkrete Strategien und Synergien bei Themen wie der Digitalisierung oder der nachhaltigen Transformation. Wer den Wandel mitgestalten will, findet hier Gleichgesinnte und Innovationen.

Wie blicken Sie auf die nächsten Jahre bis 2030?


Zwölf Führungskräfte, zwölf Meinungen über die Zukunft der grafischen Industrie. Bildquelle: Inhaber der jeweiligen Bildrechte sind die einzelnen Personen. Kollage von UmDEX.



Vor dem Hintergrund hat mich interessiert, wie Menschen, die an der Print & Digital Convention als Aussteller, Speaker oder Besucher beteiligt sind, selbst über die Herausforderungen und Veränderungen der grafischen Industrie bis 2030 denken. Welche Chancen sie lokalisieren und wie sich das nachhaltige Image der Branche noch weiter verbessern lässt. Was spricht künftig für Print? Wo besteht eher Zuversicht und wo blicken die Befragten eher pessimistisch in die Zukunft?


Bildquelle: Druckstudio Gruppe GmbH




Bildquelle: Messe Düsseldorf.




Bildquelle: Koehler Paper




Bildquelle: Fachverband Medienproduktion e. V.




Bildquelle: UmDEX




Bildquelle: WKS-Gruppe




Bildquelle: Highend-Media GmbH




Bildquelle: Inapa Deutschland GmbH




Bildquelle: LEIPA GmbH




Bild: Canon Deutschland GmbH




Bildquelle: bonitasprint gmbh




Bildquelle: Forteam GmbH



Die Stimmung ist mehrheitlich positiv. Herausforderungen werden als Chancen wahrgenommen. Viele Führungskräfte sehen sich nicht als Opfer, sondern als Teil der Lösung und nicht nur als Betroffene und Belastete, sondern als Beteiligte, insbesondere auch mit Blick auf die nachhaltige Transformation.

Was bleibt? Kommen wir raus aus unseren Silos und öffnen uns für die weitreichenden Chancen, die mit der supranational getriggerten nachhaltigen Transformation einhergehen. Die Print & Digital Convention ist ein guter Ort, um die neue Realität zu gestalten!